Andreas Okopenko charakterisierte seine Funktion als Schriftsteller in „Revolte und Literatur. Gedanken von und rundum 1968“ wie folgt:
Zunächst bietet sich das Grunderlebnis nicht nur der Literaten an: Ratlosigkeit, weil uns kein wirklich effektives Eingreifen möglich ist. Aber vielleicht liegt unsere Funktion woanders: Bewußtseinsveränderung, emotioneller Appell? Zersetzung der heutigen gescheiterten Gesellschaft durch Zersetzung der Verhaltensträgheit, der Denkgewohnheit, der Sprachvermusterung?“
(Aufsätze 2, S. 149–159, hier S. 152)
Er sah sich auch als „begeisterungsfähiger“ und „behutsamer“ Linker (Aufsätze 1, S. 160) und nahm Stellung zu aktuellen Fragen wie der Gleichberechtigung der Geschlechter, dem Verhältnis zu und dem Umgang mit Kindern und dem Kindesmissbrauch, zu den Erinnerungstagen des Atombombenabwurfs auf Hiroshima und Nagasaki, der Schließung der sozialdemokratischen Zeitung „Vorwärts“, dem Umgang mit der Literatur und den Kulturschaffenden im eigenen Land und vielen anderen Fragen mehr.
Nicht zuletzt beschäftigte ihn auch das Wiederaufkommen radikalen und der NS-Zeit entstammenden Gedankenguts. Oder war es vielleicht nie ganz verschwunden?
GASTHÄUSER 14
Ghörn alle aufghängt. Ghörn alle aufghängt. Was sagenS zu dem Buben in Melk? Ghörn alle aufghängt. Was sagenS zu der Diebin beim Schweikhart? Ghörn alle aufghängt. Was sagenS zu dem Bigamisten? Aufghängt ghört er. Was sagenS zu der LSD-Party? Ghörn alle aufghängt. Die mit eahnere langen Haar. Beim Hitler hätts da keine Muckn gebn. Alle ghörn aufghängt. Wie s da sind, ghörns aufghängt.
I sag aa immer: die Todesstraf müßt wieder her. A jedes rechtschaffene Land hat die Todesstraf. Die Todesstraf is die halberte Anständigkeit. Aber mir ham eben kan Herrngott mehr.“1
Andreas Okopenko war mehr als nur ein literarischer Chronist seiner Zeit.2 Unermüdlich versuchte er neben seiner eigenen literarischen Tätigkeit der Literatur und der Kultur überhaupt Gehör und Anerkennung zu verschaffen. Auch als aufmerksamer Begleiter der politischen und sozialen Entwicklungen seiner Zeit.
1Für schnelle Leserinnen und Leser: Bitte beachten Sie die Schreibweise des Wortes „sagenS“.
2https://www.onb.ac.at/forschung/forschungsblog/artikel/andreas-okopenko-als-literarischer-chronist-der-nachkriegszeit [Letzter Abruf 22.01.2022].