Der „Lexikon-Roman“ ist Andreas Okopenkos bekanntestes Buch und gilt als Vorläufer der Netzliteratur. Er bricht darin mit der traditionellen Linearität des Erzählromans und möchte dem Leser Wegmarken zeigen, anhand derer er sich durch den Text bewegen kann. Der „Lexikon-Roman“ besteht aus zahlreichen Querverweisen, die zum Teil auch wieder zum Anfang des Textes zurückführen, und enthält Beschreibungen, Gedichte, Listen, Schilderungen von Begegnungen, Naturbeschreibungen, konkrete Poesie.
Entscheidend ist im „Lexikon-Roman“, dass für Andreas Okopenko reale oder erfundene Erlebnisse genauso wichtig sind wie Reflexionen, innere Monologe oder Sinneseindrücke der jeweiligen Erzählfiguren. In diesem Text ist nicht immer eindeutig, wer gerade spricht. Diese Vielfalt und Flexibilität gesteht er auch den Leserinnen und Lesern bei der Lektüre seines „Lexikon-Romans“ zu, so sollen sie selbst auch ihre Fluidum-Erfahrungen machen können. Sie können Sprünge über viele Seiten vollführen und ebenso viele Seiten mit Aktuellem aus der Wissenschaft und Wirtschaft, Biographien von KünstlerInnen, Assoziationen und philosophische Essays lesen. Dies führt, zusammen mit der Nicht-Linearität des Erzählens dazu, dass dem Roman zuweilen vorgeworfen wird, kein wirklicher Roman zu sein.
Andreas Okopenko fordert in seiner „Gebrauchsanweisung“ seine Leserinnen und Leser dazu auf, den Text erst zum Roman zu machen:
Diesmal aber erfahren Sie auf diese Weise nur, daß Zz bei den alten Apothekern Myrrhe, bei den neueren Ingwer bedeutet. Wollen Sie besser informiert werden, schlagen Sie, bitte, zur GEBRAUCHSANWEISUNG zurück. Denn Sie selbst müssen dieses Buch erst zum Roman machen. Im neuen Theater spielt das Publikum mit. Warum nicht im neuen Roman?
(Lexikon-Roman S. 292, Hervorh. Okopenko)
Das Konzept der Nicht-Linearität der Erzählweise ist ihm genauso wichtig wie das Konzept des Fluidums. Die Leserinnen und Leser sind aufgefordert, sich an eigene Erlebnisse zu erinnern, selbst Texte zu schreiben und die gelesenen Erlebnisse und Fluidum-Erfahrungen zu teilen. Die jeweilige Lesestrategie kann also die Linearität aufbrechen und andererseits auch die Fluidum-Erfahrungen befördern.